Eine kurze Einführung über die verschiedenen Dienstzweige der Post

von Robert Fürbeth

Beschäftigt sich der postgeschichtlich interessierte Sammler mit Tarifen, Portostufen, Leitwegen oder Destinationen, so steht unweigerlich der Brief im Mittelpunkt des Betrachters. Dies ist jedoch  in vielen Fällen zu kurz gedacht, denn der Auftrag der Post bestand neben der Beförderung von Briefen auch darin, Waren, Gelder oder Personen zu transportieren. Jede dieser postalischen Dienstleistungen stand nebeneinander und folgte unterschiedlichen Regelungen und Betriebsabläufen und durchlief folglich unterschiedliche Entwicklungen. Der Vollständigkeit halber sei noch die sog. Bankpost erwähnt, die jedoch tatsächlich außerhalb des philatelistischen Interesses steht, da sie nichts anderes darstellt, als das klassische Bankgeschäft so wie die anderen Banken auch.

Blicken wir zurück in die Anfangszeit des Postwesens: Da existierte die Reitpost, bei der ein einzelner Reiter mit seinem Pferd von Station zu Station nur eine beschränkte Menge Postgut befördern konnte und zwar meist Briefe in einer Art Sack, dem sogenannten Felleisen. Schwerere oder größere Güter mussten auf anderem Weg, nämlich mit fahrenden Wagen befördert werden, der sog. Fahrpost. Der Fahrpost anvertraut wurden auch alle Dinge von Wert, da bei den damaligen unsicheren Straßenverhältnissen die Reiter sonst einer zu großen Gefahr ausgesetzt gewesen wären. Zusammengefasst lässt sich sagen: „Schnelligkeit = Reitpost = Brief“ und „Gewicht/Wert = Fahrpost = Waren“. Eine weitere Option der sicheren und schnellen Beförderung von Postsendungen jeder Art kam erst hinzu, als Postgut unabhängig von seiner Art mit der Eisenbahn befördert werden konnte. Man versandte nun Pakete; der Begriff Fahrpost blieb jedoch bis zum Ende des 19. Jahrhundert dem allgemeinen Sprachgebrauch verhaftet: demzufolge wurden die einschlägigen Pakettarife immer noch Fahrposttarif genannt. Die Unterscheidung zwischen der Brief- und Fahrpost war für die Postverwaltungen auch insofern von Bedeutung, als die Post für den Verlust von Briefen in der Regel nicht haftete, sehr wohl aber bei Verlust oder Beschädigung von Paketen oder Wertsendungen Ersatz in nicht unerheblicher Höhe zu leisten hatte.

Der Briefumschlag, wie wir ihn heute kennen, war früher nicht bekannt. Er wurde erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfunden. Vor dieser Zeit wurde der aus einem Blatt Papier bestehende Brief einfach zusammengefaltet; die Adresse schrieb man auf den gefalteten Briefbogen und übergab ihn versiegelt oder unversiegelt der Post. Demgegenüber mussten Waren gut verpackt sein – daher auch der Name Paket –, um vor Beschädigung oder dem Herausfallen der Waren geschützt zu sein. Die Adresse des Empfängers schrieb man nur selten auf das Paket selbst. Wesentlich gebräuchlicher bzw. zum Teil zwingende Vorschrift war die Beigabe einer Paket-Begleitadresse, auf der neben dem Empfänger- und Absendernamen, die Adresse, das Gewicht, der Wert und sonstige Angaben gemacht werden mussten, die im übrigen auch fiskalischen Zwecken dienen konnten, wie z.B. bei der Berechnung von Eingangszöllen.

Zur Briefpost gehören grundsätzlich alle Briefe, jegliche Arten von Drucksachen, der Zeitungsversand, „Muster ohne Wert“-Sendungen, Warenproben, Geschäftspapiere, Wertbriefe, Postkarten, Blindensendungen, Gerichtsurkunden und zwar immer bis zu einem bestimmten Maximalgewicht. In der Festsetzung der Höhe des Maximalgewichts war jede Postverwaltung frei; bis maximal 4 Loth war jedoch bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland die Regel. Im Vertrag zur Gründung des Deutsch-Österreichischen Postvereins (DPÖV) , gültig ab dem 1. Juli 1850, wird die Zuordnung zur Briefpost wie folgt festgelegt:

 

Zur Briefpost sind zu rechnen:

  • gewöhnliche und rekommandierte Briefe ohne angegebenen Werth, bis zum Gewichte von 4 Loth Zollgewicht excl. 
  • schwerere Briefe ohne angegebenen Wert, wenn der Absender die Beförderung mit der Briefpost ausdrücklich verlangt hat;
  • Briefe mit angehängten Waren-Proben (Mustern) bis zum Gewichte von 16 Loth Zoll-Gewicht excl. 
  • Kreuzband-Sendungen bis 4 Loth excl. 
  • Laufzettel und 
  • Zeitungen

Nachfolgend zwei Belege:

Brief mit 4 ½ Loth Gewicht und dem handschriftlichen Vermerk links unten „Briefpost“.

 

Nachforschung (= Laufzettel) für ein Fahrpoststück von Kirchdorf in Österreich nach Görlitz; Gebühr wie Brief = 9 Kr.; (Marke innseitig; zu Dokumentations-zwecken hier auf der Vorderseite mitabgebildet.)

Der nächste postalische Meilenstein war die Gründung des Allgemeinen Postvereins, später Weltpostverein genannt, zum 1. Juli 1875: „ 1) Der Briefpostverkehr umfaßt: die Briefe, Korrespondenzkarten, Bücher, Zeitungen und andere Drucksachen, sowie die Waarenmuster und Geschäftspapiere … 3) Das Maximalgewicht beträgt für Waarenmuster 250 Gramm, für alle anderen Gegenstände 1000 Gramm.“ Höhere Gewichte mussten mit der Fahrpost befördert werden. Die Entwicklung im grenzüberschreitendem Briefpostverkehr entwickelte sich weiter: zu Beginn des Jahres 1899 war die Gewichtsbeschränkung bei Briefen bereits ganz gefallen, bei Drucksachen und Geschäftspapieren betrug sie weiterhin 250g, bei Warenmustern 350g und zusätzlich konnten mittlerweile auch Wertbriefe, Wertschachteln und Nachnahmen mit der Briefpost versandt werden (dies freilich nur bis zu bestimmten Maximalbeträgen bzw. -abmessungen).

Fahrpost/Paketpost: Der Fahrpost wurde der Transport jeglicher Waren, Geldsendungen und solche Gegenstände der Briefpost zugerechnet, die die o.g. Maximalgewichte überschritten sowie in Preußen  ab 1848 auch die Bar-Einzahlung als Vorläufer der Postanweisungen. Die Nachvollziehbarkeit der Fahrpost-Tarifgebühren, wie sie auf den entsprechenden Begleitpapieren vermerkt sind, ist heute nur noch schwer nachvollziehbar. Jedes Postgebiet hatte, wie bei der Briefpost, seinen eigenen Fahrposttarif: das Dezimalsystem fand auf deutschem Boden noch keine Anwendung; die Entfernung und das Gewicht, welche die Basis für die Berechnung der Porti darstellten, also die Meile und das Loth Gewicht waren von Land zu Land unterschiedlich. Um diese Komplexität zu handhaben, wurden den Postbeamten „ellenlange“ Gewichts-Vergleichstabellen zur Hand gegeben. Zusätzlich legte jede Postverwaltung ihrem Fahrposttarif einen anderen Porto-Berechnungsmodus zu Grunde. Erst im Deutsch-Österreichischen Postverein fand eine gewisse Vereinheitlichung und Vereinfachung statt: Die Gewichtstaxe errechnete sich aus der Entfernung (abgestuft je 5 Meilen), dem Gewicht in Pfund, einer Grundtaxe je Pfund und Entfernungsstufe und einem Minimalporto. Für die Berechnung der Entfernung wurde das Gebiet des Deutsch-Österreichischen Postvereins bildlich gesehen mit einem quadratischen Maschennetz der Kantenlänge zu je 4 Meilen überzogen (Taxquadrate), um so die Entfernung von Ort zu Ort bzw. genauer gesagt, von Taxquadratmittelpunkt zu Mittelpunkt errechnen zu können. Soweit es sich um Wertsendungen handelte, mussten zum Gewichtsporto noch die jeweiligen Wertversicherungsgebühren addiert werden, deren Berechnung ebenfalls auf Basis von Entfernung und Wert erfolgte (bis 50 Meilen: je 100 Thaler 1 Sgr. bzw. je 100 Gulden 2 Kr. und über 50 Meile  je 100 Thaler 2 Sgr. bzw. je 100 Gulden 4 Kr.). Zusammengefasst: für den Philatelisten eine kaum noch nachvollziehbare Rechnerei. Im Postverkehr mit dem Ausland steigerte sich die diese Komplexität.

Um hier Abhilfe zu schaffen, konnten Absender – wenn sie alle anfallenden Kosten selbst tragen wollten – einem Paket einen sog. Frankozettel beigeben, mit dem sich der Absender gegenüber der absendenden Postanstalt verpflichtete, alle notwendigen Gebühren zu übernehmen. Auf dem Frankozettel wurden alle anfallenden Gebühren, auch fiskalische wie z.B. Zollgebühren, aller beteiligten Postverwaltung vermerkt, zusammenaddiert, dem absendenden Postamt zurückgemeldet, das dann den Gesamtbetrag vom Absender einzog und ausländische Porti zurückvergütete.

Beispiel eines Franko-Zettels aus der Schweiz, 1857 – der DÖPV existierte schon 7 Jahre! – nach Hamburg. Das Gesamtporto addierte sich aus 11 (!)  einzelnen Gebühren auf insges. 6,55 Franken.

 

Einen Modernisierungsschub brachte der revidierte Postvereinsvertrag des DÖPVs ab 1.Juli 1858:  Entfernungen bis 20 Meilen wurden in direkter Entfernung von Ort zu Ort berechnet und für Orte über 20 Meilen kam ein neues Taxquadratsystems zur Anwendung, das im Prinzip bis 1964 (!) Bestand hatte.

Im grenzüberschreitenden, internationalen Fahrpostverkehr potenzierte sich die Berechnungsproblematik: inländische Porti + ausländische Porti, wobei das ausländische Postgebiet gemäß abgeschlossener Postverträge in Entfernungsstufen eingeteilt wurde, jeweils gerechnet ab fix vereinbarter Taxgrenzpunkte und diese mit einem Progressionssatz für das Gewicht multipliziert wurden. Hierzu benutzten sie Postbeamten umfangreiche Ortsverzeichnisse (=Entfernungstabellen) je Land.

Begleitadresse aus St. Gallen in den österreichischen Grenzrayon nach Lautrach mit Wert und Nachnahme!; Gewicht 830g:  gemeinschaftlicher schweizerisch-österreichischer Gewichtstarif bis 5kg im Grenzrayon 50 Rappen + Schweizer Mindestnachnahmeprovision Fahrpost 30 Rappen + Schweizer Wertversicherung bis 100 Fr.  5 Rappen + österreichische Wertversicherung bis 375 Franken  15 Rappen = insgesamt 1 Franken

 

Eine weitere wesentliche Verbesserung brachte ab Oktober 1881 der Versand von Poststücken. Poststücke waren per Definition Sendungen, die anfänglich keine Wertangabe trugen, nicht mit Nachnahme belastet waren, das Gewicht von 3kg nicht überschritten, in keiner Richtung die Abmessung von 60cm überschritten und zwingend vom Absender vorausfrankiert werden mussten. Für Poststücke wurde eine eigene, stark ermäßigte Gesamttaxe erhoben. Poststücke existierten neben Fahrpoststücken.

In das Jahr 1848 fallen die Anfänge eines neuen Dienstes im preußischen Postwesen, nämlich die unbare Geldüberweisung mittels Barzahlungsbrief als Vorläufer der Postanweisungen. Bayern folgte 1851, Württemberg 1852. Ab 1. Juli 1852 wurde das Verfahren allgemein auf den ganzen Deutsch-Österreichischen Postverein ausgedehnt. Nachnahmen wurden ebenfalls anfänglich ausschließlich der Fahrpost zugeordnet.

Innerhalb des Postvereins duften Fahrpostsendungen anfänglich nicht mit Freimarken frankiert werden, d.h. wünschte der Absender die Vorausfrankierung, war die die Barfrankatur zwingend vorgeschrieben (anders innerhalb des eigenen Postbezirks, z.B. Preußen). Zusätzlich existieren spezielle Fahrpoststempel.

Unter der Geldpost werden diejenigen Postsendungen verstanden, mit denen Inkasso oder Zahlungsgeschäfte getätigt wurden. Zur Geldpost gehören demnach Nachnahmen (auch Postvorschüsse genannt), Bareinzahlungen, Postanweisungen und Postaufträge. Inkassogeschäfte konnten je nach Festlegung der einzelnen Postverwaltungen und in Abhängigkeit bestimmter Wertgrenzen, entweder durch die Brief- oder durch die Fahrpost bewerkstelligt werden: die übergeordnete begriffliche Klammer bleibt jedoch immer die Geldpost.

In das Jahr 1848 fallen die Anfänge eines neuen Dienstes im deutschen Postwesen, nämlich die unbare Geldüberweisung mittels Barzahlungsbrief, amtlich „baare Einzahlung“ genannt, mit der die Post für Privatpersonen die Annahme und Auszahlung kleinere Geldbeträge besorgte. Als Entgelt für diese Dienstleistung verlangte die preußische Post ½ Silgergroschen je Thaler. Dieses System wurde ebenfalls in den DÖPV übernommen.  Ab 1. Juli 1866 wurde innerhalb des Deutsch-Österreichischen Postvereins beschlossen, dass schwerfällige und auf 50 Thaler beschränkte Verfahren der baaren Einzahlung durch ein neues System, die Postanweisungen zu ersetzen. Hierzu wurden eigene Formulare in Kartonform gedruckt und das ganze Verfahren der Briefpost zugeordnet. Die Postanweisungskartons wurden anfänglich ohne eingedruckten Wertzeicheneindruck verausgabt, d.h. die Frankierung musste mittels Freimarken erfolgen.

Eine nachgesandte Postanweisung aus Lauterburg (Preußen) nach Sachsen, 1865; in Lauterburg versehentlich als Postanweisung angenommen, im Postverein aber noch nicht zulässig: hilfsweise in eine Bareinzahlung umgearbeitet.

 

Postanweisungsformular (Karton), 1867 aus Hamburg nach: 50 Thaler zur Auszahlung am Empfängerpostamt (Abb. H. Köhler Auktion)

Nachnahmen konnten in den deutschen Staaten anfänglich ebenfalls nur mit der Fahrpost befördert werden. Hierzu wurde eine Nachnahmegebühr eingeführt, in Deutschland bis 1878 auch unter dem Begriff „Vorschuss- oder Prokuragebühr“ geführt.

Postauftragsdienst: Der Nachnahme verwandt ist das Postmandat bzw. ab 1875 Postauftrag genannt. Sowohl Nachnahmen als auch Postaufträge bezweckten das Inkasso von Geldbeträgen durch die Post; während Nachnahmen gleichzeitig Mitteilungen des Absenders oder Waren beigegeben werden konnten, umfasste der Postauftrag nur das Inkasso/den Forderungseinzug. Hierzu wurde ein Formular (Postauftrag) ausgefüllt und mit der Forderung (Rechnung, quittierter Wechsel etc.) zusammen in einem verschlossenen Couvert an diejenige Postanstalt gesendet, die den Betrag einzutreiben hatte. Konnte die Postanstalt den Betrag eintreiben, wurde er dem Absender per Postanweisung unter Abzug der üblichen Postanweisungsgebühren zugesandt. Andernfalls wurde der Postauftrag kostenlos zurückgesandt. Ab dem 25. Dez. 1873 konnte der Postauftrag nach vergeblicher Vorzeigung kostenlos auch sofort zum Protest an einen Notar oder Gerichtsvollzieher weitergesandt werden. Auf dem Weltpostkongress von Lissabon (1885) wurde auf international breiterer Basis das „Übereinkommen betreffend Einführung des Postauftragsverfahrens“ vereinbart, dem sich anfänglich nur Deutschland, Österreich-Ungarn, Frankreich, Italien und die Schweiz anschlossen.

Die Rückseite des Formulars konnte für Vermerke des Absenders oder der Post verwendet werden. Weiterhin befanden sich dort Hinweise zum Verfahren und über den maximal zulässigen Höchstbetrag in diesem Verfahren (ab 1 875 600 Mark). Die Gebühr betrug 30 Pfennig.

Unter der Reisepost versteht man allgemein die Beförderung von Personen in Postkutschen. Sie wird heute noch in moderner Form in einigen Nachbarländern als Postbus betrieben.  Durch den Ausbau des Einbahnverkehrsnetzes wurde die Reisepost für größere Entfernungen unbedeutend, für den Philatelisten interessant sind jedoch die grafisch oftmals hübsch anzuschauenden Post-Passagier-Billets oder Eilwagenquittungen.

 

Literaturhinweis

Zum Thema Fahrpost: Christian Hörter, „Fahrpost in Deutschland 1808 – 1923 unter besonderer Beachtung von Bayern und Preußen“; Nürnberg, 1992