Overland Mail über die Vereinigten Staaten 1858–1861

von Klaus Weis

Wer von uns hat nicht als Kind Cowboy und Indianer gespielt? Und sagt Ihnen vielleicht der Name Buffalo Bill nicht auch etwas?
William Frederick Cody – genannt Buffalo Bill – war u.a. Postreiter, einer der jungen Wilden, welche in den Jahren 1860 und 1861 für den sog. „Pony Express“ in Stafetten Korrespondenzen zwischen Saint Joseph/Missouri und Sacramento in Kalifornien beförderten. Zu diesem hochgefährlichen „Höllenritt“ mitten durch das Indianergebiet wurden ausschließlich sehr junge, ungebundene Männer, die nicht älter als 18 Jahre und nicht schwerer als 60 kg waren, eingesetzt…

In diesem kleinen Artikel geht es allerdings um die etwas komfortablere, jedoch nicht minder gefährliche Variante: den ersten Postkutschendienst in den USA, ebenfalls quer durch das Indianergebiet.

Postkutsche der Butterfield OVERLAND MAIL COMPANY, eingesetzt zwischen San Francisco und St. Louis von 1858 – 1861. (1)

 

Nach den Goldfunden in Kalifornien im Jahre 1848 war die Population im Westen der Vereinigten Staaten in rasanter Geschwindigkeit angewachsen, wodurch sich der postalische Bedarf zwangsläufig erhöhte. Durch die zeitnahe Einrichtung der Panama Route über den Isthmus von Panama war es im ersten Schritt zwar gelungen, die gefährliche und langwierige Umsegelung des Kap Hoorns zu vermeiden, doch eine direkte Postroute auf dem eigenen Staatsgebiet fehlte noch.

Zeichnung von John W. Butterfield, dem Gründer der Butterfield Overland Mail zu einer Biographie von 1878. (3)

Die logische Folge war die Einrichtung einer Overland Mail quer durch die Vereinigten Staaten – mitten durch das Territorium der Indianer – nach San Francisco, welche zunächst mit der Postkutsche und im dritten und entscheidenden Schritt dann mit der Eisenbahn gelöst werden sollte.

Die Erschließung neuer Verkehrswege durch die Vereinigten Staaten bedeutete auf der anderen Seite den schleichenden Niedergang der Panama Route, welcher mit der Eröffnung der transkontinentalen Eisenbahnlinie im Mai 1869 für die Post nach dem nordamerikanischen Kontinent besiegelt war.

Dem Unternehmergeist von John W. Butterfield war der ersten Postkutschendienst, die sog. „Butterfield Overland Mail“, zu verdanken. Sie verkehrte zwischen St. Louis und San Francisco (2.795 Meilen) et vice versa mit zwei Mal wöchentlichen Fahrten (jeweils montags und donnerstags). Der Service startete am 15. September 1858 (2) in San Francisco mit einer erwarteten Beförderungszeit zwischen 22 und 25 Tagen. Die erste in westlicher Richtung abgehende Postkutsche machte sich einen Tag später in St. Louis auf den Weg. Den Anschluss nach New York besorgte die Eisenbahn.

Die Summe der beabsichtigten Fahrzeiten aus dem nachstehenden Fahrplan von 1858 ergibt 24,02 Tage. Die durchschnittliche Distanz zwischen den Stationen belief sich auf etwa 160 Meilen. Auf der Strecke waren 100 Postkutschen in Einsatz, welche sich nur maximal 20 Minuten an den Stationen aufhalten durften. Für die Zugfahrt von New York nach St. Louis waren 4 bis 6 Tagen zu kalkulieren. (4)

 

Durchschnittlicher Zeitplan der OVERLAND MAIL COMPANY zwischen St. Louis und San Francisco vom 16. September 1858, gezeichnet vom Präsidenten John Butterfield. (5) Distanz 2.701,5 Meilen, erlaubte Zeitdauer 576,5 Stunden = 24,02 Tage.

Die nachfolgend abgebildete Tabelle zu Entfernungen und Beförderungszeiten auf den insgesamt neun verschiedenen Sektionen der Butterfield Overland Mail ist ohne Veränderung dem aus der Referenz ersichtlichen Fachartikel aus Wikipedia zur Butterfield Overland Mail entnommen. Die Meilen- und die Stundenangaben sind etwas höher als in der ursprünglichen Ankündigung:

Die Strecke verlief in östlicher Richtung von San Francisco über Los Angeles – Fort Yuma – Tuscon – Franklin (El Paso) – Fort Chadbourne – Colbert’s Ferry (eine Fährstation über den Red River 13 ½ Meilen östlich von Sherman) nach Fort Smith. Dort teilte sich die Strecke. Die Hauptroute führte über Tipton nach St. Louis (Missouri), von wo die Verbindung mit der Eisenbahn nach New York bestand und in etwa vier bis sechs Tage gerechnet werden mussten. Die Alternativroute ging nach Memphis, war jedoch für die internationale Post wohl nicht von Bedeutung.
Die Butterfield Overland Mail (auch „Southern Route“ genannt) war letztmals am 21. März 1861 unterwegs. Danach wurde der Service in Anbetracht des beginnenden amerikanischen Bürgerkrieges durch einen Beschluss des Kongresses eingestellt. (7)

Zeitgenössische Faltkarte des Südwestens der USA (ca. 1858) mit Verlauf der Butterfield Overland Mail Route, Markierungen durch den Autor ergänzt. (6)

Auf Anweisung des britischen General Post Office wurden ab dem 12. September 1859 alle Briefe nach der Westküste der Vereinigten Staaten, die nicht explizit für die Beförderung mit dem West Indian Packet (via Panama) ausgewiesen waren, in einem gesonderten Postsack transportiert, der an den Britischen Konsul in San Francisco adressiert war. Solche Briefe wurden auf den Dampfschifflinien über den Nordatlantik an die Ostküste der USA befördert. Die Briefe tragen allerdings keine Eingangsstempel von New York, da die Post für Kalifornien zu dieser Zeit in geschlossenen Postsäcken befördert wurden, welche erst in San Francisco geöffnet wurden.

Die Identifizierung von Briefen, welche mit der Postkutsche durch die USA befördert wurden ist wie folgt möglich: bei den geschlossenen Briefpaketen aus Großbritannien fehlt zwar der Eingangsstempel der Häfen an der Ostküste der USA, doch helfen hier die aus der Fachliteratur ersichtlichen Abgangsdaten aus den britischen Häfen. Die Auswertung der Tageszeitung von San Francisco gibt Aufschluss über Ankunfts- und Abgangszeiten der zwischen Panama City und San Francisco verkehrenden Dampfer. Fehlt die Zeitnähe zu den Dampfschiffverbindungen kann unter Berücksichtigung einer Beförderungsdauer von etwa 26–31 Tagen (inklusive der Eisenbahnfahrt zwischen New York und St. Louis) die Beförderung mit der Postkutsche in Betracht kommen.

London, 1. September 1860 nach San Francisco. Mit der Postkutsche der Butterfield Overland Mail quer durch die USA.

Das Beispiel zeigt einen Faltbrief, der von Liverpool aus am 1. September 1860 an Bord des Schaufelraddampfers „Asia” der CUNARD LINE via Queenstown / Irland (2. September) nach New York befördert wurde (Ankunft 13. September). Im Anschluss ging es mit der Eisenbahn nach St. Louis und von dort weiter mit einer Postkutsche der Butterfield Overland Mail nach San Francisco. Der Empfangsvermerk datiert vom 17. Oktober. Das Schreiben war vom Absender in Höhe von 1 Shilling 2 ½ Pence nach dem seit Juli 1851 gültigen Tarif bar vorausbezahlt und auf der Briefvorderseite quittiert worden, der diesbezügliche Vermerk ist leider etwas verblasst.

Na, wieder Lust auf Cowboys und Indianer bekommen? Ein bisschen Postgeschichte ist jedenfalls immer ein guter Ersatz …

Referenzen

(1) Gerald T. Ahnert, CC BY-SA 4.0 <https://creativecommons.org/licenses/ by-sa/4.0>, via Wikimedia Commons, https://commons.wikimedia.org/wiki/File: Butterfield%27s_Stage_(Celerity)_Wagon.jpg, Download 10. Feb. 2021
(2) Wierenga Theron J., United States Incoming Steamship Mail 1847-1875 2nd edition. U.S. Philatelic Classics Society, Inc. 2000, Seite 74
(3) Zeichnung von John Butterfield zu einer Biographie von 1878, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Butterfield_Drawing_and_Signature.jpg#/media/File:Butterfield_Drawing_and_Signature.jpg, Download 12. Feb. 2021
(4) E-Mail Richard F. Winter vom 29.01.2019 zu den Beförderungszeiten
(5) Overland Mail Company, Public domain, via Wikimedia Commons, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:John_Butterfield%27s_Overland_Mail_Company_time_schedule_dated_September_16,_1858.jpg, Download 10. Feb. 2021
(6) Author produced map prior to 1923, Public domain, via Wikimedia Commons https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Butterfield-Overland.gif, Download 10. Feb. 2021
(7) https://de.wikipedia.org/wiki/Butterfield_Overland_Mail, Zugang 10. Feb. 2021