Eine Geschichte der Postbauern, die seit dem Jahr 1638 fast drei Jahrhunderte lang den Postverkehr zwischen Schweden und Finnland unter Einsatz ihres Lebens gewährleisteten.

Von Christian Auschra

Die Postroute von Schweden nach Finnland wurde von Postbauern aufrechterhalten, die die Post in ihren Ruderbooten zwischen Grisslehamn (Schweden) und Eckerö (Åland-Inseln) und die östliche Schärenwelt weiter nach Åbo in Finnland transportierten. Die Route war Teil des Großen Postweges, der das schwedische Reich mit seinen Besitzungen im Osten verband und wurde 1638 von Per Brahe eingerichtet. Erst im Jahr 1910 wurde die Verbbindung eingestellt. Der Transit über die Ålandsee gehörte zu den gefährlichsten Postrouten weltweit; mehr als 200 Postbauern verloren dabei im Laufe der Jahrhunderte ihr Leben.

Für den Transport der Post über die Ålandsee wurden die Höfe in Postrotten mit jeweils acht Höfen unterteilt. Jeder Hof musste einen Mann stellen. Bei der Eingliederung in das Postsystem war die Person verpflichtet, ihre Pflichten pünktlich zu erfüllen. Krankheiten, Müdigkeit, Winterstürme oder die Notwendigkeit, dringende landwirtschaftliche Arbeiten auf dem eigenen Hof zu erledigen, waren keine Ausreden. Die Post musste unter allen Umständen befördert werden.

Karte mit einer Abbildung des Postweges von Stockholm über Grisslehamn, die Ålandsee nach Eckerö und weiter durch den östlichen Schärengarten nach Ålo.

Es ist charakteristisch für die Ålandsee, dass sich die Eissituation schnell verändern kann. Daher platzierte man im Jahr 1789 eine Kanone auf Signilsskär (einer Eckerö vorgelagerten kleinen Insel), mit der man durch unterschiedliche Schussserien die Eisverhältnisse nach Grisslehamn signalisieren konnte. Diese Arbeit wurde von den Lotsen auf Signilsskär vorgenommen. Im Jahr 1795 wurde beschlossen, dass optische Signalstationen in Grisslehamn, Signilsskär und Eckerö eingerichtet werden sollten. Diese Telegraphenlinie wurde im Jahr 1796 in Betrieb genommen.

Bandeau-Stempel von Stockholm (Typ 0) aus dem Jahr 1709 auf einem Brief nach Wiborg. Tarif: 7 Öre Silber (1707 – 1710)

Schweden trat mit dem Vertrag von Frederikshamn, 17. September 1809, Finnland und auch die Ålandinseln an Russland ab, das aus diesen Gebieten das autonome Großfürstentum Finnland mit eigener Verwaltung unter der Herrschaft des russischen Zaren bildete.

Wertbrief von Åbo, 28. März 1820, nach Stockholm. Tarif Finnland: 66 Kopeken Silber (2.te Gewichtsstufe) + Versicherung 0,2% von 400 Rubel = 80 Kopeken 66 Kopeken + 80 Kopeken = 146 Kopeken. Tarif

Der überwiegende Teil der Briefe stammt aus Korrespondenzen zwischen Finnland und Schweden. Im Postvertrag vom 01.01.1847 zwischen Schweden und Russland konnten die Briefe unbezahlt, bis zur Grenze bezahlt oder voll bezahlt werden. Nachstehend je ein Brief aus Finnland und einer aus Schweden, der jeweils als Frankobrief versandt wurden.

Frankobrief von Björneborg, 1. Mai 1858, nach Nora (Schweden). Transitvermerk: via Åland. Tarif: 20 Kopeken (01.01.1847 – 30.05.1868)

Frankobrief von Stockholm, 16. Oktober 1857, nach Uleaborg (Finnland). Transitvermerk „via Grisslehamn“. Tarif: 20 Skilling banco

Mit Beginn der Industrialisierung in Finnland Mitte der 1850er Jahre findet sich zunehmend Korrespondenz, die über die Grenzen Schwedens hinaus transportiert wurde. Dabei kann man drei Hauptrouten unterscheiden:

  • Route I: Post mit England via Göteborg.

Teilfrankobrief von Åbo, 15.07.1822, nach London via Göteborg. Finnischer Tarif: 44 Kupferkopeken (vorausbezahlt bis Göteborg). Britischer Tarif: 1 Schilling 8 Pence (vom Empfänger zu bezahlen)

  • Route II: Post mit Kontinentaleuropa via Ystad / Stralsund (zeitweise Greifswald).

Teilfrankobrief von Bilbao, 02.08.1848, nach Helsingfors via Ystad – Stralsund (Greifswald). Spanischer Tarif: 12 Real. Französischer Tarif: 10 Décimes, Preußischer Tarif: 13 ½ Silbergroschen = 44 Silberkopeken, Schwedischer Tarif: 39 Silberkopeken, Finnischer Tarif: 10 Silberkopeken (vom Empfänger waren somit 93 Silberkopeken zu entrichten).

  • Route III: Post mit Dänemark und Kontinentaleuropa via Helsingborg / Helsingoer

Teilfrankobrief von Lübeck, 13.09.1819, nach Åbo via Helsingborg / Helsingoer. Handstempel „Ueber Dänemerck“. Tarif Lübeck: 4 Lübecker Schillinge für einen Brief der zweiten Gewichtsklasse bis Hamburg, Schwedischer Tarif: 2 RD & 24 Skilling banco + 10% russischer Zuschlag, Finnischer Tarif: 46 Kupferkopeken.

 

Die Tradition lebt fort

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die Ruderboote zur Postbeförderung immer mehr durch Dampfschiffe ersetzt. Doch das Postrudern ist bis heute in einem jährlichen Rennen erhalten geblieben. Jährlich nehmen ca. 50 Boote teil. Die vier Personen Besatzungen müssen zeitgemäße Kleidung tragen. Das Boot muss möglichst historisch genau ausgestattet werden. Das Ziel ist so schnell wie möglich die Ålandsee zu überqueren, eine Strecke von 44 km.  Wind- und wetterabhängig dauert die Fahrt 3½ bis 6 Stunden für die schnellsten Boote. Das Postruderboot mit den meisten Punkten i den Kategorien für Kleidung, Boot und Geschwindigkeit gewinnt.