5. Einsteigerseminar für Vorphilatelie – 19.-21.4.2013 – Zell am Moos
19.-21.4.2013 – Zell am Moos, Dorferwirt am Westufer des Irrsees
Zum dritten Mal in Folge fand dieses Seminar am Irrsee mit mehr als 30 angemeldeten Teilnehmer/innen statt. Es nahmen 12 Mitglieder des DASV teil, sowie interessierte Philatelist/innen aus Österreich und Deutschland. Traditionell begann das Seminar inoffiziell bereits am Freitag. Es wurden im Vorfeld stundelang bis spät in die Nacht hinein Belege gesichtet, Wissen ausgetauscht und Interpretationen betreffend „schwieriger“ Briefe diskutiert.
Die Seminarteilnehmer/innen wurden pünktlich am Samstag um 09.30 von Herrn Dir. Hubert JUNGWIRTH und Herrn Günter BAURECHT begrüßt. Zur Freude aller Anwesenden waren der Präsident des Verbandes Österreichischer Philatelistenvereine (VÖPh) Mag. Anton TETTINEK und als Teilnehmer der Leiter des Referates Gesamtphilatelie Dr. Wolfgang WEIGEL anwesend. Dies zeigt welche Bedeutung diesem Seminar beigemessen wird und drückt eine hohe Form der Wertschätzung aus. Herr Hubert Jungwirth wurde vom Präsidenten mit der Ehrennadel um die Verdienste der Österreichischen Philatelie ausgezeichnet. Beide Vertreter des VÖPh überbrachten Grußworte und somit war das Seminar eröffnet.
Nachdem im Vorjahr über die europäische Transitpost referiert worden war, stand heuer das österreichische Postwesen im Zentrum der Vorträge. Referent Günter Baurecht führte die Teilnehmer/innen behutsam – es waren heuer neben bereits „erfahrenen“ Vorphilatelist/innen auch einige Neueinsteiger beim Seminar – in die Paar´sche Erblehenspost ein. Johann Babtist von Paar trat in den Dienst Erzherzog Karls und wurde 1564 Hofpostmeister in Graz. Er wurde 1573 zum obersten Postmeister für ganz Innerösterreich ernannt. 1596 erfolgte die Verleihung des innerösterreichischen Hofpostmeisteramtes durch Ferdinand II als erbliches Lehen an Johann Babtist von Paar. Die Briefe waren selten taxiert (Franko- und Portovermerke) und es ist davon auszugehen, dass nur wenige Briefe einen Taxierungsvermerk aufweisen. Frühe Taxierungen sind um 1622 bekannt.
Johann Christoph von Paar kaufte 1622 das Wiener Hofpostamt von Jakob Magno und wurde damit oberster Hofpostmeister von Wien. Hans Christoph von Paar erhielt 1622 den erblichen Lehensbrief von der Hofkanzlei über das oberste Hofpostmeisteramt. Damit waren die Paars zuständig für die Organisation des Postwesens der österreichischen Erblande, dem Erzherzogtum Österreich, dem Königreichen Ungarn, Böhmen und den inkorporierten Provinzen mit Ausnahme von Schlesien. Nur Tirol, Vorarlberg und die Vorlande blieben unter Taxis-Hoheit. Am 7. Mai 1661 kam es zu einem Schiedsspruch von Kaiser Leopold I über die Brieftaxen. Die Taxen in den habsburgischen Gebieten betrugen: 3 Kreuzer für den einfachen Brief, 6 Kreuzer für den doppelten Brief, usw., Briefe mit 6 Kreuzer sind bereits selten, Briefe mit 9 Kreuzer sehr selten und höhere Taxen sind sehr, sehr selten. Diese Taxen galten bis 1722. Briefschreiber hatten zwei Möglichkeiten die Briefgebühr zu entrichten: Portobriefe – Der Empfänger zahlt die Gebühr – und Frankobriefe – Der Absender zahlt die Gebühr. Auf Auslandsbriefen findet sich häufig die Bezeichnung ½ Franko, damit ist ein grenzfrankierter Brief gemeint. Die Gebühr bis zur Grenze musste in der Paar´schen Periode im Voraus bezahlt werden.
1680, 29. Mai, Aulendorf-Linz – Nachsendebrief vom Graf von Königsegg in Aulendorf (Württemberg) über die Böhmerwaldroute nach Prag. Der Brief wurde auf der Strecke Aulendorf nach Rötz (Retz) von der Reichspost Thurn und Taxis befördert, es wurde jedoch keine Taxe angeschrieben. In Retz übernahm die Paar´sche Post den Weitertransport bis Prag. In Prag wurde der einfache Brief mit „3“ Kreuzer Porto für Retz-Prag belastet. Der Brief wurde nicht zugestellt, sondern nach Wien weitergeleitet. In Wien neuerlich Porto von „3“ Kreuzer für Prag Wien, wiederum keine Zustellung und Weiterleitung nach Linz. In Linz wurde noch einmal ein Porto von „3“ Kreuzer für Wien-Linz angesetzt. Es ist anzunehmen, dass der Empfänger in Linz 9 Kreuzer bezahlte.
Erst 1722 kam es zur Inkammerierung (Verstaatlichung) der Post. Die Paars verloren die habsburgische Erblehenspost nach fast 100 Jahren, blieben jedoch oberste Postmeister als höchste Beamte. Es wurde die Seltenheit von handschriftlichen Postformularen und Rezepissen vor 1700 hingewiesen.
Herr Jungwirth referierte über die alte Tiroler Post. Als Gründungsjahr der Tiroler Post ist die Eröffnung einer durchgehenden Post zwischen Mecheln bei Brüssel und Innspruck anzusehen. Das Tiroler Postwesen unterstand den Tiroler Taxis und wurde erst 1769 von der k.k. Post abgelöst. 1777 wurden die vorderösterreichischen Posten an die Reichspost verpachtet. 1806 besetzte Bayern Tirol und übernahm das Postwesen. 1810 wurde Tirol in einen illyrischen, einen bayrischen und einen italienischen Teil aufgeteilt.
Weiters wurden die Grundbegriffe der Vorphilatelie allen Teilnehmerinnen – entweder als Wiederholung oder als Einstieg – nähergebracht und besonders Taxkorrekturen, Botenbriefe, Halbfrankobriefe an gebührenbefreite Empfänger und Parteibriefe ab 1722 besprochen und Ex-Offo-Briefe vor (-31.5.1817) und nach der Halbfrankozeit und der Begriff Portofreiheit und Pauschalierung diskutiert. Zu den Begriffen Pauschalierung, journalisierte Briefe, und Portofreiheit wurde ein geeigneter Einstieg angeboten, allerdings bedarf es noch einiger Seminare und Quellensuche um eine vertiefende Klärung zu ermöglichen.
Ich möchte mich bei Herrn Baurecht und Herrn Jungwirth bedanken, die wieder viel Zeit investierten, ein ausgezeichnetes Seminar hielten und ein informatives Skriptum erzeugten. Dadurch gelang die Festigung und Vertiefung der vorphilatelistischen Grundbegriffe und es wurde ein wesentlicher Beitrag für bevorstehende Analysen und Klärungen vieler offener Fragen geleistet. Danke, Danke, Danke!
Die Unterbringung beim Dorferwirt am Westufer des Irrsees bot – trotz schlechter Witterungssituation – ein angenehmes Ambiente und trug entsprechend zum Gelingen des Seminars bei. Erst am letzten Tag zu Mittag konnte die Terrasse bei Sonnenschein genutzt werden. Ich freue mich schon auf weitere Seminare in den kommenden Jahr
Die “DASV´ler“ von links nach rechts: Dr Heinrich Stumvoll, Heribert Kaufmann, Josef Adam , Paul Kainbacher, Dipl.Ing. Andreas Grünewald, Alex Schramek, Mag. Walter Klinger, Günter Baurecht (Referent), Dr. Andreas Myskiw, Dr. Robert Fecher, Dir. Hubert Jungwirth (Referent), Dr. Martin Auinger.
Walter Klinger, wr.klinger@aon.at, Spillern © 2013